Den Bewegungen der eigenen Seele folgen

Marc Aurel in der Münchener Glyptothek | wikimedia gemeinfrei

Es ist noch nie jemand unglücklich geworden, weil er sich nicht um das, was in der Seele eines andern vorgeht, gekümmert hat; aber diejenigen, die nicht mit Aufmerksamkeit den Bewegungen ihrer eigenen Seele folgen, geraten notwendig ins Unglück.

Marc Aurel (121 – 180) in seinen „Selbstbetrachtungen“, Zweites Buch, 8. Abschnitt

Müßige Klagen um die Vergangenheit und bange Sorgen um die Zukunft

Indischer Lotos | Foto: © wak

Wir leben im Elend, weil wir Geschöpfe des Ichs sind, des Ichs, das hart und engherzig ist, das kein Licht zurückstrahlt, das für das Unendliche blind ist. Unser Ich hat nur seine eigenen lauten, schrillen Töne, seine Saiten erzittern nie von der Musik des Ewigen. Seufzer der Unzufriedenheit und Mutlosigkeit, müßige Klagen um die Vergangenheit und bange Sorgen um die Zukunft beunruhigen unsre seichten Herzen, weil wir unsre Seelen nicht gefunden haben und der göttliche Geist sich noch nicht in uns offenbart hat.

Rabindranath Tagore (1861-1941) in: Sadhana. Der Weg der Vollendung. München 1921

Der Mensch kann sich nicht erfolgreich selbst bestimmen wenn er vor der Wirklichkeit flieht

 

Foto: © wak

Der Unsinn der alternativen Tatsachen und des postfaktischen Zeitalters, die Medienschelte und die Abschaffung von Pressefreiheit in vielen Ländern dieser Erde innerhalb der letzten fünf Jahre bestätigten, dass der Neue Realismus auch einen moralischen Auftrag hat. Der Mensch kann sich nicht erfolgreich selbst bestimmen, wenn er vor der Wirklichkeit flieht. Dann fällt es den Menschenfeinden leicht, Zwist zwischen Mensch und Mensch zu säen, indem sich die Lüge verbreitet, wir Menschen seien durch Hautfarbe, Geschlecht, Zugehörigkeit zu einer Religion, Staatsbürgerschaft oder kulturellen Tradition in unserem Wesen verschieden. Menschen sind schlicht verschieden, weil sie sich voneinander unterscheiden.

Markus Gabriel (*1980) in: Der Sinn des Denkens. Berlin 2018

Überall ist der Irrtum obenauf

Foto: © wak

 

Und denn, man muß das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder geprediget wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse. In Zeitungen und Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten, überall ist der Irrtum obenauf, und es ist ihm wohl und behaglich, im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist.

Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) in:  Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens; 16.12.1828