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Schlagwort: vergessen
Heiter humpelnde Demonstration gegen die Zerstörung der Welt
Wir Alten sollten nicht so einverstanden sein mit dem, was in unseren Gesellschaften passiert. Ich könnte mir vorstellen, so eine heiter humpelnde Demonstration von Alten gegen die Zerstörung der Welt oder gegen das, was mit den Flüchtlingen geschieht. Ich glaub, wenn wir das hätten, dann wären wir Alten auch von dieser ständigen Sorge um uns befreit, und wir würden nicht mehr sagen: das Wichtigste ist Gesundheit. Gesundheit ist nicht das Wichtigste. Das wäre mein Wunsch, dass die Alten ihr Alter auch ein Stück vergessen, soweit sie können, ihre Stöcke und Krücken nehmen und auf die Straße gehen. Dass wir aus dieser Selbstverkrallung, die natürlich nahe liegt im Alter, wenn die Kräfte schwinden, aus dieser Selbstverkrallung wegkämen. Das wäre ein Stück unserer Schönheit. Das wär ein Stück unserer Freiheit auch.
Fulbert Steffensky (*1933)
Sich selbst vergessen
Was man vergessen hat
Spa(r)
Beim Spa-Angebot
hatte das Hotel
das „r“ vergessen.
w.a.k.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag
Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste, Tal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.
„Frühlingsglaube“ (1812) von Ludwig Uhland (1787 – 1862)
http://gutenberg.spiegel.de/buch/ludwig-uhland-gedichte-5084/41
Wortannäherungen zu Hannah Buchholz: “Schlaflos”
Blick in das Tonnengewölbe des Grabes von Galla Placidia in Ravenna
http://12koerbe.de/mosaiken/rav-01.htm
Wie ein Schutzmantel
ist das Tonnengewölbe
des Grabes von Galla Placidia in Ravenna
über dem Buch „Schlaflos“
und das blaue Halbleinen des Umschlags
ist kein Mantel des Vergessens, kein Leichentuch.
„Schlaflos“ ist nicht Grab,
„Schlaflos“ ist Auferstehung…
Das Gedicht
ist ein gefährlicher Ort,
doch für heute ist es
meine Rettung.
(h.b.)
Ungewohnte, ungewöhnliche Zeilenfälle
ziehen sich durch den Band
mit den Gedichten von Hannah Buchholz,
die sich als Geschichte in Gedichten präsentiert.
Worte, die gesetzt sind in Zeilen,
die den Leser mitnehmen.
Sie lassen teilhaben an der Geschichte
der Lyrikerin
Aber was ist
die Geschichte hinter den Gedichten?
anwesend und abwesend
gemalt aber nicht abgebildet
angezogen und abgestoßen
im ständigen raschen Wechsel
Versuche zu verstehen
und die Erfahrung von Unverständnis
Doch das einsame Kind,
das kleine wie das große,
kann auch angenommen sein erfahren.
Denn es gibt Anker, es gibt Halt.
Menschen und Orte, die Heimat werden.
In der Natur, am See, mit dem Wind, dem Regen
der Musik.
Und Atemholen gibt es
Die umhüllende Dunkelheit der Nacht
wird zu einem Schutzschirm
mit kosmischer Dimension
Aus dem im Schmerz geborenen Wort
wird Erlösung, wird Erfüllung
Aus Leere wird Fülle
aus Dunkel wird Licht
Tiefe Ein- und Ausblicke,
in einer Sprache von seltener Dichte
und Klarheit in der Suche danach
Unklarheit und Verstörtheit und Irritationen
zu verstehen, zu bearbeiten, zu verarbeiten.
zu verwandeln, zu transformieren
Welche Kraft…
Werner Anahata Krebber , 11.01.2015 / 31.07.2015
Mehr zu „Schlaflos“ und anderen Büchern von Hannah Buchholz hier:
ZuHörer-Angebot in neuer Optik
Wo finde ich nur einen Menschen,
der die Wörter zu vergessen weiß,
so dass ich einige Worte
mit ihm wechseln könnte?
Dschuang Dsi (um 365 -290 v.u.Z.)
Mit neuer Optik stellt sich nun mein Angebot vor, Ihnen als ZuHörer zur Verfügung zu stehen:
Emmanuel Geibel: Herbst
Ich sah den Wald sich färben,
Die Luft war grau und stumm;
Mir war betrübt zum Sterben,
Und wußt‘ es kaum, warum.
Durchs Feld vom Herbstgestäude
Hertrieb das dürre Laub;
Da dacht‘ ich: deine Freude
Ward so des Windes Raub.
Dein Lenz, der blütenvolle,
Dein reicher Sommer schwand;
An die gefrorne Scholle
Bist du nun festgebannt.
Da plötzlich floß ein klares
Getön in Lüften hoch:
Ein Wandervogel war es,
Der nach dem Süden zog.
Ach, wie der Schlag der Schwingen,
Das Lied ins Ohr mir kam,
Fühlt‘ ich’s wie Trost mir dringen
Zum Herzen wundersam.
Es mahnt‘ aus heller Kehle
Mich ja der flücht’ge Gast:
Vergiß, o Menschenseele,
Nicht, daß du Flügel hast.
Emanuel Geibel (1815-1884)