Das Wasser ist stärker als der Stein – Nicht in Depression oder Verzweiflung verfallen

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Wir dürfen uns angesichts des grauenhaften Geschehens, das sich heute weltweit vor unser aller Augen ereignet, nicht dazu hinreißen lassen, in Depression oder Verzweiflung zu verfallen. Damit stärken wir lediglich die Position der Niedergängler, die sich nur in der verzweifelten Atmosphäre erhalten können. Jedes Gran Verzweiflung oder Niedergeschlagenheit hilft den immer vorhandenen, negativen Mächten. Ihr Unvermögen, den Plan der geistigen Kräfte zu zerstören, treibt sie in die zerstörende Raserei. Aber das Stille ist stärker als das Laute oder Lärmende. Das Weiche, das Wasser ist – bereits Laotse hat es gewusst – stärker als das Harte, der Stein. Der in sich Gesicherte ist stärker als der absichtsvoll eine materielle Sicherheit Suchende – selbst dann, wenn er von ihm, dem Sicherheit-Sucher getötet wird. Jede echte Stärke ist jedweder Form der Macht überlegen. Die offensichtliche Angst und Besorgtheit der anderen – zumeist artet sie in eine Flucht nach vorn aus, in den Fortschritt oder die Fortschrittsgläubigkeit – sind unsere Stärke. Wir aber sollten diese Angst nicht – wie sie es ihrerseits täten – „nutzen“. Doch sollten wir uns bewusst sein, oder uns doch wenigstens bewusst werden, dass, sagen wir: geistige Kräfte – vor allem jene durch Christus erstmals in der Menschheit erweckten Kräfte der Nächstenliebe, der Liebe – uns zu schützen versuchen.

Jean Gebser (1905 – 1973) in: Vorlesungen und Reden zu „Ursprung und Gegenwart“ / Verfall und Teilhabe Teil II, S. 55
Mehr hier: http://www.jean-gebser-gesellschaft.ch/GTexte/Gesamtausgabe_V.pdf

Du mein himmlischer Freund mein Engel

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Du mein himmlischer Freund, mein Engel,
Der du mich zur Erde geleitet hast
Und mich geleiten wirst durch die Pforte des Todes
In die Geistesheimat der Menschenseele.

Du, der du die Wege kennst seit Jahrtausenden,
Lasse nicht ab, mich zu erhellen,
Mich zu durchkraften, mir zu raten,
Dass ich aus dem webenden Schicksalsfeuer
Als ein stärkeres Schicksalsgefäss hervorgehe
Und mich immer mehr erfüllen lasse
Mit dem Sinn der göttlichen Weltenziele.

Ernst Karl Plachner (1896-1982) / fälschlicherweise Rudolf Steiner zugeschrieben, der zu diesem Gedicht Gedanken verfasst hatte

Mittträger des Weltgedankens

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Zu erkennen,
in welchem Masse die Welt
dem Menschen jene Rolle zugedacht hat,
an der er so schwer leidet
und die ihn so überaus selig macht:
dass er immer stärker
zum Mitträger des Weltgedankens wird,
– dieses zu erkennen sollte
nur aufrechte Demut zeitigen.

Jean Gebser (1905 – 1973)

Dabei sein ist alles

Wer sich den Medaillenspiegel der deutschen Olympioniken ansieht, kann seine Ent-Täuschung kaum verbergen. Das Streben nach dem alten „citius, altius, fortius“, das eigentlich höher, schneller, stärker heißt, aber meist mit höher, schneller, weiter übersetzt wird, ist allzu tief in den Köpfen der Millionen Beobachter eingegraben. Ein anderer Satz bleibt dabei oft vergessen. Jener, der mit „dabei sein ist alles“ wiedergegeben wird. Dabei hatte Pierre de Coubertin nach einer umstrittenen Entscheidung gesagt: „Das Wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht zu Gewinnen, sondern daran teilzunehmen.“ Aber das kommt dem zweiten Satz schon weit näher als dem ersten.