Schreiten am Rande des Abgrunds

Holzschnitt: HAP Grieshaber / Foto: (c) wak

Als leere Engel, Geschöpfe ohne Schöpfer, Medien ohne Nachricht schreiten wir am Rande des Abgrunds einher. Unser Weg, der ebenso gut gestern oder Jahre zuvor hätte enden können, ist nicht das Ziel und weiß nichts von der Notwendigkeit, außer der seiner Kontingenz. Ein Irrweg trägt uns auf den Pfaden des Identischen vom Selben zum Selben: wohin wir auch gehen, wir schleppen in uns die Wüste, in die wir uns zurückgezogen haben.

Tiqqun in Theorie vom Bloom, Zürich 2003, S. 23

Suchender und Findender werden

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…ich sprach in dieser Weise:
dass der Mensch ein Gott in allen Dingen suchender
und ein Gott zu aller Zeit
und an allen Stätten
und bei allen Leuten
in allen Weisen
findender Mensch werden müßte.
Darin kann man allzeit
ohne Unterlaß zunehmen und wachsen
und nimmer an ein Ende kommen des Zunehmens.

Meister Eckhart (1260 bis 1328) in „Reden der Unterweisung“, XXII

Der Beitrag ist zuerst hier erschienen: https://mystikaktuell.wordpress.com/

Ohne Bestand sind die wir Elemente benennen

Fotos. (c) wak

Ohne Bestand sind auch, die wir Elemente benennen.
Was für Wechsel sie trifft, – merkt auf – ich will es verkünden.
Vier Grundstoffe bewahrt, die alles erzeugen, des Weltalls
Ewiger Bau. Zwei haben Gewicht: mit der Erde die Welle,
Die gehn nieder zum Grund, von der eigenen Schwere gezogen.
Ebensoviel sind ohne Gewicht und streben zur Höhe,
Frei vom Drucke: die Luft und, reiner als jene, das Feuer.
Daraus, wenn sie getrennt auch sind, nimmt seine Entstehung
Alles, in sie fällt alles zurück. Das zersetzete Erdreich
Löst sich in flüssiges Naß, und das flüchtig gewordene Wasser
Schwindet in Dunst und Luft, und wieder, enthoben der Schwere,
Schwingt sich die dünneste Luft in die Höhe zum feurigen Aether.
Dann geht wieder der Weg rückwärts in der nämlichen Folge.
Denn in die trägere Luft geht über verdichtetes Feuer;
Wasser entsteht aus der Luft; zum Erdreich ballt sich die Welle.

Publius Ovidius Naso / Ovid (+ um 17 u.Z.) in: Metamorphosen. Übertragung von Johann Heinrich Voß (1798)

Ohne Widerspruch angehört werden

Die kleine Seligkeit,
ohne Widerspruch
angehört zu werden
kosten alle gerne
bis zur Neige aus.

Marie von Ebner-Eschenbach (1830 – 1916)

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Im Anfang war der Mensch und seine Götter Eins

Fotographik (c) wak

Das erste Kind der menschlichen, der göttlichen Schönheit ist die Kunst. In ihr verjüngt und wiederholt der göttliche Mensch sich selbst. Er will sich selber fühlen, darum stellt er seine Schönheit gegenüber sich. So gab der Mensch sich seine Götter. Denn im Anfang war der Mensch und seine Götter Eins, da, sich selber unbekannt, die ewige Schönheit war. – Ich spreche Mysterien, aber sie sind. –

Der Schönheit zweite Tochter ist Religion. Religion ist Liebe der Schönheit. Der Weise liebt sie selbst, die Unendliche, die Allumfassende; das Volk liebt ihre Kinder, die Götter, die in mannigfaltigen Gestalten ihm erscheinen. Auch so wars bei den Athenern. Und ohne solche Liebe der Schönheit, ohne solche Religion ist jeder Staat ein dürr‘ Gerippe ohne Leben und Geist, und alles Denken und Tun ein Baum ohne Gipfel, eine Säule, wovon die Krone herabgeschlagen ist.

Friedrich Hölderlin (1770–1843) in: Hyperion oder der Eremit in Griechenland

Gefunden habe ich diesen Text von Hölderlin aktuell hier:

MAGISCHE BLÄTTER BUCH VI

CII. Jahrgang SOMMER 2021

Thema: Die erste Ausstellung des Jakob-Böhme-Bundes

Heft 5, Mai 2021

https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift/magische-blaetter

Bestellt werden können die Magischen Blätter hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Muße gewinnen

Foto: (c) wak

Wieviel Muße gewinnt der,
der nicht darauf, was sein Nächster
spricht oder tut oder denkt,
sondern nur auf das sieht,
was er selbst tut,
daß es gerecht und heilig sei;
sieh nicht, sagt Agathon,
die schlechten Sitten um dich her,
sondern wandle auf gerader Linie deinen Pfad,
ohne dich irremachen zu lassen.

Marc Aurel (121 – 180) in seinen „Selbstbetrachtungen“

(Agathon (um 448 – um 400 v. u.Z.) war ein antiker griechischer Tragödiendichter)

Die Ursache der Enttäuschung

Simone Weil | Bild Archiv

Wenn ein Vergnügen, das man erwartete und das nun eintritt, uns enttäuscht, so liegt die Ursache der Enttäuschung darin, dass man ja Zukünftiges erwartete. Und ist es nun eingetroffen, so ist es Gegenwart. Das Zukünftige müsste eintreffen, ohne aufzuhören, zukünftig zu sein. Absurdität, von der allein die Ewigkeit heilt.

Simone Weil (1909 – 1943) in Schwerkraft und Gnade, Berlin 2021, S. 26

„Ihr Zuhören entlastet, entschärft und stärkt“

Screenshot der Startseite https://zuhoerer-ruhr.com/

„Obwohl ich es ja vom letzten Mal schon kannte, war ich wieder positiv beeindruckt: Es ist so erleichternd und klärend, einen Raum für das Erzählen der eigenen Geschichte, Gedanken und Gefühle zu haben.

Es hilft mir sehr, dass Sie das Zuhören als professionelle Dienstleistung anbieten – so sind die Rollen klar verteilt und ich fühle mich freier. Gegenüber einer zuhörenden Person, die ganz offen und ohne eigene ‚Agenda‘ ist, lichtet sich durch das Formulieren und Aussprechen mein innerer Nebel. Ich darf weinen und lachen und schweigen, und bin dabei nicht allein.

Ihr Zuhören entlastet, entschärft und stärkt. Danke!“

Aus der Mail-Rückmeldung nach einem Zuhörer-Telefonat

 

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Lutz Mommartz: Soziale Plastik

Screenshot aus dem Film „Soziale Plastik“ von Lutz Mommartz

„Soziale Plastik“ wurde 1969 im Anschluss an die Dreharbeiten zu „400 m IFF“ gedreht. IFF ist die Bezeichnung für das vorhandene, bereits abgelaufene Filmmaterial, von dem etwa 400 m für „400 m IFF“ und der Rest für „Soziale Plastik“ verwendet wurden. In „400 m IFF“ treten drei Männer in der Wohnung des Autors vor die filmende Kamera.
Mit Joseph Beuys war diese Situation verabredet, die beiden anderen Besucher kamen zufällig vor ihm und spielten instinktiv mit. „Sie alle bemerkten die Ausnahmesituation, konnten sich aber nicht auf die Souveränität verlassen, ihren Standpunkt durchzusetzen. Und auch während der Vorgänge auf der Leinwand wird der Zuschauer zum Teilnehmer, der sich der Frage nicht entziehen kann, wie er sich in der gleichen Situation verhalten hätte.“
Der anschließend entstandene Film mit Joseph Beuys über den anonymen Betrachter trägt den Titel: „Soziale Plastik“.
In diesem Film nimmt Joseph Beuys die Herausforderung an, sich dem Publikum zu stellen, ohne zu sprechen. Der Film hat also keine Tonspur. Er wurde 1988 – nach dem Tod von Joseph Beuys – von Lutz Mommartz der Öffentlichkeit vorgestellt und kommt sozusagen aus dem Jenseits.

Lutz Mommartz (*1943)

Hier der Link zu dem Film „Soziale Plastik“ von Lutz Mommartz: https://archive.org/details/SozialePlastik_767