Schopenhauer-Foto von Johann Schäfer (1855) / wikimedia
Erkenne die Wahrheit in Dir, erkenne Dich selbst in der Wahrheit: und siehe! im selben Augenblick wirst du die lange vergebens gesuchte, sehnsüchtig geträumte Heimath genau im Ganzen und in jedem Einzelnen zu deiner Verwunderung erkennen in dem Ort, der dich gerade dann umgiebt: dort berührt der Himmel die Erde.
Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) in: Neue Paralipomena, Kapitel 21
Erstlich gibt es für uns nach allen beliebigen Seiten Weder nach rechts noch nach links, noch nach oben hin oder nach unten Irgendein Ende. So hab‘ ich’s gelehrt, wie die Sache auch selber Für sich spricht; so wird die Natur des Unendlichen deutlich. Also muß wohl auch dies ganz unwahrscheinlich erscheinen, Daß, da leer sich der Raum in das Unermeßliche dehnet, Und unzählige Keime in endloser Tiefe des Weltraums Mannigfach schwirren umher, von der ew’gen Bewegung ergriffen, Dieser einzige Himmel entstünd‘ und ein einziger Erdkreis, Während so viele Atome des Urstoffs außerhalb feiern! Überdies ist die Schöpfung der Welt ein natürlicher Vorgang, Da sich die Keime der Welt von selbst und durch Zufall begegnen. Vielfach trieben sie völlig vergeblich und fruchtlos zusammen, Bis sich dann endlich die plötzlich geeinigten Teilchen verschmolzen Und dann jedesmal wurden zum Anfang großer Gebilde, Wie von der Erde, vom Meere, vom Himmel und lebenden Wesen. So mußt immer aufs neue du dies mir bestätigen, daß sich Anderswo andre Verbindung des Urstoffs bildet wie unsre Welt, die der Äther so fest mit brünstigen Armen umklammert.
Eine der größten Verantwortungen des Menschen besteht darin, die Welt um sich herum mit jenem Funken Vernunft, den er vom Himmel bekommen hat, zu erhellen.
Die Wirren unsrer Zeit, die Naturkatastrophen, die Angst, die Weltuntergangsstimmung, das alles ist nichts als die Geburtswehen des „Gottesreiches“. Wir dürfen diesen Punkt Omega niemals aus den Augen lassen, niemals, sonst stehen wir diese „Endzeit“ nicht durch. Und wenn nun wirklich unsere Erde zerstört wurde durch „das Feuer vom Himmel“, wie die Apokalypse sagt? Nun, was wird da zerstört? Nur die Materie. Nur das Biologische unserer Existenz. Das Eigentliche, der Geist, unser göttliches Teil, das bleibt.
Zeiten-Ende. Tagebuchzitat (1979-1982) von Luise Rinser in Anlehnung an Teilhard de Chardin
Ausführlicher ist dieses Rinser-Zitat hier nachzulesen:
MAGISCHE BLÄTTER, BUCH X CIII. Jahrgang, Mai 2022, Heft 5 / Thema: VON JACOB BÖHME ÜBER DIE ROMANTIK ZUM BÖHME-BUND
Der Himmel ist das Absolute. Ihm folgt das Licht. Er ist die Achse, um die sich das Urgeheimnis dreht. Er ist das andere, das im Anfang ist. Darum ist seine Entfaltung gleichsam Nicht-Entfaltung, seine Erkenntnis gleichsam Nicht-Erkenntnis. Durch Verzicht auf Erkenntnis erst kann man ihn erkennen. Forscht man nach ihm, so darf man ihn nicht in der Endlichkeit suchen, aber man darf ihn auch nicht in der Unendlichkeit suchen. Im Undurchdringlichen ist doch eine Wirklichkeit. Sie wird nicht beeinflußt durch die Zeit und läßt sich nicht erschöpfen. Man darf ihn wohl als den bezeichnen, der alles trägt und leitet. Warum sollten wir uns nicht damit zufrieden geben, nach ihm zu fragen? Warum wollen wir uns mit Zweifeln plagen? Durch das Unbezweifelbare die Zweifel zu lösen und so zurückzukehren in den Zustand des Nicht-Zweifelns, so erreichen wir die große Freiheit in allem Zweifel.
Dschuang Dsï (um 365 – 290 v.u.Z.) in: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 262-263
Wieder duftet der Wald. Es heben die schwebenden Lerchen mit sich den Himmel empor, der unseren Schultern schwer war; zwar sah man noch durch die Äste den Tag, wie er leer war,- aber nach langen, regnenden Nachmittagen kommen die goldübersonnten neueren Stunden, vor denen flüchtend an fernen Häuserfronten alle die wunden Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen.
Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser über der Steine ruhig dunkelnden Glanz. Alle Geräusche ducken sich ganz in die glänzenden Knospen der Reiser.
Rainer Maria Rilke, 6.4.1900, Berlin-Schmargendorf