Du sollst nicht zu sein begehren, was du nicht bist, sondern nur einfach etwas von deiner Pflicht zu tun versuchen, Tag um Tag. Denn es ist viel schwerer, einen Tag in wahrhafter Aufmerksamkeit und Wachsamkeit von Anfang bis Ende zu verleben, als ein Jahr in großen Absichten und hochfliegenden Plänen.
Nichts ist alleinstehend in dieser Welt. Vom Lichtpartikel führt ein Weg zur Relativität, von der Schwerkraft ein Weg zur Planckschen Konstante, vom Blatt, das der Wind vor sich hinwirbelt, zum Baum und zur Knospe, die ihn von neuem hervorbringen wird, kurz zur Dynamik des Lebens. Alles Existierende spiegelt in seiner Weise den Rhythmus einer ewigen Bewegung wider, denn das kosmische Gesetz überbrückt den Abgrund, der scheinbar das unendlich Kleine vom unendlich Großen trennt. Es enthüllt das Wirken einer allumfassenden Harmonie, die sich dem Mystiker in seiner Meditation offenbart.
Frederic Lionel (1908 – 1999) in: Abendland. Hüter der Flamme. Remagen, o.J., S. 29
Mit jedem großen Geiste dringt ein neues Geheimnis der Natur ans Licht, und die Bibel kann nicht geschlossen werden, ehe nicht der letzte große Mensch geboren ist.
Ralph Waldo Emerson (1803- 1882) in: Der Kunstwart, 1. Juniheft 1903, S. 220, 225, 227, Callwey Verlag, München
Das ganze Zitat von Ralph Waldo Emerson kann hier nachgelesen werden:
Reden zum Gedenken an Sophie Scholl und die „Weiße Rose“
Wo von großen geistigen Linien gesprochen wurde, schauten sie auf das Schicksal des geringsten Menschen, wo klingende Worte ertönten, blickten sie nach den Taten, wo man von Größe sprach, sahen sie aufs konkrete Kleine, wo vom Volk die Rede war, betrachteten sie den einzelnen.
Sie witterten die Hohlheit eines Idealismus, der um eines angeblich großen Fernzieles willen das Naheliegende mißachtete und das Leben ringsum zertrampelte.
So wurde das Menschliche offenbar.
Inge Scholl, „Es lebe die Freiheit“. Gedenkrede am 4. November 1945 für Sophie Scholl, Willi Graf, Hans Leipelt, Christoph Propst, Alesander Schmorell, Hans Scholl. Weiterer Redner war Romano Guardini: „Die Waage des Daseins“.
Wenn du etwas Bestimmtes tust in der Überzeugung, daß es getan werden müsse, so scheue dich niemals, dabei gesehen zu werden, auch wenn die große Menge wahrscheinlich darüber die Nase rümpft. Denn wenn das, was du vorhast, Unrecht ist, so lass es überhaupt sein; handelst du aber recht, was fürchtest du dann die Leute, die dich zu Unrecht tadeln werden?
Epiktet ( um 50 – 138) in: Handbüchlein der Moral. Stuttgart 1992, S. 59