Das Wasser ist stärker als der Stein – Nicht in Depression oder Verzweiflung verfallen

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Wir dürfen uns angesichts des grauenhaften Geschehens, das sich heute weltweit vor unser aller Augen ereignet, nicht dazu hinreißen lassen, in Depression oder Verzweiflung zu verfallen. Damit stärken wir lediglich die Position der Niedergängler, die sich nur in der verzweifelten Atmosphäre erhalten können. Jedes Gran Verzweiflung oder Niedergeschlagenheit hilft den immer vorhandenen, negativen Mächten. Ihr Unvermögen, den Plan der geistigen Kräfte zu zerstören, treibt sie in die zerstörende Raserei. Aber das Stille ist stärker als das Laute oder Lärmende. Das Weiche, das Wasser ist – bereits Laotse hat es gewusst – stärker als das Harte, der Stein. Der in sich Gesicherte ist stärker als der absichtsvoll eine materielle Sicherheit Suchende – selbst dann, wenn er von ihm, dem Sicherheit-Sucher getötet wird. Jede echte Stärke ist jedweder Form der Macht überlegen. Die offensichtliche Angst und Besorgtheit der anderen – zumeist artet sie in eine Flucht nach vorn aus, in den Fortschritt oder die Fortschrittsgläubigkeit – sind unsere Stärke. Wir aber sollten diese Angst nicht – wie sie es ihrerseits täten – „nutzen“. Doch sollten wir uns bewusst sein, oder uns doch wenigstens bewusst werden, dass, sagen wir: geistige Kräfte – vor allem jene durch Christus erstmals in der Menschheit erweckten Kräfte der Nächstenliebe, der Liebe – uns zu schützen versuchen.

Jean Gebser (1905 – 1973) in: Vorlesungen und Reden zu „Ursprung und Gegenwart“ / Verfall und Teilhabe Teil II, S. 55
Mehr hier: http://www.jean-gebser-gesellschaft.ch/GTexte/Gesamtausgabe_V.pdf

I Ging: Der Kriegsherr muss dafür sorgen, dass nichts Ungerechtes geschieht

Ein Krieg ist … immer etwas Gefährliches und bringt Schaden und Verheerung mit sich. Darum darf man ihn nicht leichtfertig unternehmen, sondern nur wie eine giftige Arznei als letzte Auskunft. Der gerechte Grund und ein klares, verständliches Kriegsziel muß durch einen erfahrenen Führer dem Volk deutlich gemacht werden. Nur wenn ein ganz bestimmtes Kriegsziel da ist, für das das Volk sich mit Bewußtsein einsetzen kann, entsteht die Einheitlichkeit und Stärke der Ueberzeugung, die zum Sieg führt. Aber der Führer muß auch dafür sorgen, daß in der Kriegsleidenschaft und im Siegestaumel nichts Ungerechtes geschieht, das die allgemeine Anerkennung nicht findet. Gerechtigkeit und Beharrlichkeit sind die Grundbedingungen dafür, daß alles gut geht

Richard Wilhelm in seiner Übersetzung des „I Ging“, Peking 1923, S. 23

Herzschlag im Einklang

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… unsere Zusammenarbeit beim Drehen geschah oft viele Stunden lang schweigend. In diesem Schweigen liegt ein Wissen um etwas Gemeinsames, das uns verbindet, um eine Haltung, eine stillschweigende Übereinkunft, einen synchronen Herzschlag, auf den wir uns einlassen in einem geheimen Bündnis, das geheimnisvoller ist, als wir es denken können. So entfaltet sich auch das Schweigen in den Filmen vorangetrieben von einem Herzschlag, der im Einklang verbunden ist mit dem Schweigen einer Welt, die weiss, dass nichts geschieht als das Vergehen der Zeit und das Ringen der Menschen, diesem Vergehen etwas entgegen zu setzen, um in dieser verrinnenden Zeit nicht unterzugehen.

Fred Kelemen (*1964) in seinem Beitrag „Im dunklen Spiegel – Von Irrlichtern und Bildern“. Er erschien in dem Buch „Texte zum Geistigen im Film“ der „Organisation zur Umwandlung des Kinos / Sector 16, 2017, S. 61ff.

http://www.organisationzurumwandlungdeskinos.de/index.php?page=texte-zum-geistigen-im-film

http://www.fredkelemen.com/

In uns

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Was vor uns liegt
und was hinter uns liegt
ist nichts im Vergleich zu dem,
was in uns liegt.

Und wenn wir das,
was in uns liegt
nach außen in die Welt tragen,
geschehen Wunder.

Henry David Thoreau (1817 – 1862)

Kein Medium ohne Verantwortung

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In einer Medienwelt, die nur so strotzt vor Häme, Hass, Propaganda, Vorverurteilungen und Verunglimpfungen ist scheinbar immer weniger sachliche Information zu lesen, notwendige Aufklärung. Sensation geht vor Sachlichkeit, Auflage / Quote vor wirklich wichtige Hintergründe fraglicher Geschehen. Kaum mehr scheint aufzuscheinen, dass es kein Medium geben dürfte, dass sich an seine  Verantwortung erinnert. Hier sechs Punkte, die das optimieren könnten:

1. Wer trägt Verantwortung? (Handlungsträger);
2. Was ist zu verantworten? (Handlung);
3. Wofür trägt er Verantwortung? (Folgen);
4. Wem gegenüber trägt er Verantwortung? (Betroffene);
5. Wovor muss er sich verantworten? (Instanz, z. B. Gewissen, Öffentlichkeit);
6. Weswegen muss man sich verantworten? (Werte, Normen, Kriterien)

So Rüdiger Funiok zum Stichwort Medienethik. In: Jürgen Hüther/Bernd Schorb (Hrsg.), Grundbegriffe der Medienpädagogik. 4., vollständig neu konzipierte Auflage. München 2005, S. 243–251, hier: 247

Glaube, Hoffnung, Liebe und Erkenntnis

Man kann sich schlechterdings kein System und keine Wahrheit ausdenken, welche das gäben, was der Kranke zum Leben braucht, nämlich Glaube, Hoffnung, Liebe und Erkenntnis.
Diese vier höchsten Errungenschaften menschlichen Strebens sind ebensoviele Gnaden, die man weder lehren noch lernen, weder geben noch nehmen, weder vorenthalten noch verdienen kann, denn sie sind an eine, menschlicher Willkür entzogene, irrationale Bedingung geknüpft, nämlich an das Erlebnis. Erlebnisse aber können nie „gemacht“ werden. Sie geschehen, aber nicht absolut, sondern glücklicherweise relativ. Man kann sich ihnen nähern.

C. G. Jung: Die Beziehungen der Psychotherapie zur Seelsorge. Zürich, Leipzig, Stuttgart, 1932, S. 8-9

 

Wir alle haben Angst vor der Wahrheit

Dietrich Bonhoeffer | Bild: Archiv

AngWahrheit unterscheidet sich von jeder phrasenhaften Wahrhaftigkeit dadurch, daß sie etwas ganz Bestimmtes will, daß etwas geschieht – nämlich, daß sie den Menschen löst, freimacht. Daß sie dem Menschen auf einmal die Augen darüber öffnet, daß er bisher in der Lüge und der Unfreiheit und Angst gelebt hat und ihm so die Freiheit zurückgibt. Und es ist nun der ganz eindeutige Satz der Bibel, daß der Mensch ganz in der Sklaverei und in der Lüge sei und daß allein die Wahrheit, die von Gott kommt, den Menschen frei mache (Johannes 8, 32).…

Aber es ist schwer, von der Freiheit so zu reden, wie die Bibel es tut. Die Wahrheit wird euch frei machen, das ist zu allen Zeiten unzeitgemäß. … Wir alle haben Angst vor der Wahrheit und diese Angst ist im Grunde unsere Angst vor Gott.

Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945) in: Ökumene, Universität, Pfarramt 1931-1932, DBW Band 11, Seite 456 ff

Gefunden habe ich dieses Zitat hier: https://www.dietrich-bonhoeffer.net/

Nicht verhandelbares Wissen

Weil wir uns vollkommen auf unser alten Wissen verlassen, nehmen wir den Standpunkt ein, dass wir die gegenwärtigen Erscheinungsformen der Realität, ihre Manifestationen kennen. Nicht wahr? Glauben Sie nicht, Sie wüssten, was vor sich geht? Fühlen und denken Sie nicht, Sie wüßten, wer Sie sind und was Sie sind, wer und was die Menschen in Ihrem Leben sind, was sie von Ihnen wollen, was Sie von ihnen wollen? Die meisten von uns laufen herum und sind voll von diesem nicht verhandelbaren Wissen darüber, was es mit allem auf sich hat. Sie tun das sogar bei ihren spirituellen Übungen. Sie haben alle möglichen tiefen Erfahrungen, doch sie betrachten sie aus der Perspektive, sie wüßten, was mit ihnen geschehen sollte. Sie glauben zu wissen, was gut für sie ist. Sie nehmen den Inhalt dieses alten Wissens als wäre es absolute Wahrheit.

Auf eine gewisse fundamentale Art weiß man überhaupt nicht, was gerade geschieht. Man weiß nicht, was passieren wird.

A. H. Almaas (* 1944) im Kapitel „Nichtwissen“ seines Buches „Forschungsreise ins innere Universum“, o.O. 2007, S. 133