
mit dem kopf
im sand
fällt das atmen
schwer.
w.a.k.
Werner A. Krebber | Gelsenkirchen
Foto- und Text-Blogger | Säkularer Seelsorger | Zuhörer – ein privater Blog
Sich lassen bedeutet … vor allem ein Zulassen des Vertrauens darauf, daß man auch, wenn man sich in seinem Welt-Ich losläßt, keineswegs in ein Nichts fallen wird. Man wird aufgefangen in einer Verfassung, in der man sich nicht mehr nur auf sich und sein Können verläßt und nicht mehr nur von der Welt her und auf sie hin da ist, sondern vom Wesen her, darin man teilhat am weltüberlegenen Sein. Wer gelernt hat, sich zum Wesen hin loszulassen, hat die Angst vor der Welt überwunden.
Karlfried Graf Dürckheim (1896 – 1988) in: Der Alltag als Übung. Vom Weg der Verwandlung. Bern / Göttingen / Toronto / Seattle, 10 2001,S. 88
Ohne Bestand sind auch, die wir Elemente benennen.
Was für Wechsel sie trifft, – merkt auf – ich will es verkünden.
Vier Grundstoffe bewahrt, die alles erzeugen, des Weltalls
Ewiger Bau. Zwei haben Gewicht: mit der Erde die Welle,
Die gehn nieder zum Grund, von der eigenen Schwere gezogen.
Ebensoviel sind ohne Gewicht und streben zur Höhe,
Frei vom Drucke: die Luft und, reiner als jene, das Feuer.
Daraus, wenn sie getrennt auch sind, nimmt seine Entstehung
Alles, in sie fällt alles zurück. Das zersetzete Erdreich
Löst sich in flüssiges Naß, und das flüchtig gewordene Wasser
Schwindet in Dunst und Luft, und wieder, enthoben der Schwere,
Schwingt sich die dünneste Luft in die Höhe zum feurigen Aether.
Dann geht wieder der Weg rückwärts in der nämlichen Folge.
Denn in die trägere Luft geht über verdichtetes Feuer;
Wasser entsteht aus der Luft; zum Erdreich ballt sich die Welle.
Publius Ovidius Naso / Ovid (+ um 17 u.Z.) in: Metamorphosen. Übertragung von Johann Heinrich Voß (1798)
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
Rainer Maria Rilke, 11.9.1902, Paris
Die alte jüdische Legende von den 36 unbekannten Gerechten, die immer da sind und ohne deren Anwesenheit die Welt in Scherben fiele, sagt letztlich darüber etwas aus, wie notwendig solch ‚edelmütiges‘ Verhalten beim normalen Gang der Dinge ist. In einer Welt wie der unseren, in welcher die Politik in einigen Ländern es längst nicht mehr bei anrüchigen Seitensprüngen beläßt, sondern eine neue Stufe der Kriminalität erklommen hat, hat jedoch die kompromißlose Moralität plötzlich ihre alte Funktion, bloß die Welt zusammenzuhalten, verändert und ist zum einzigen Mittel geworden, mit dem die eigentliche Realität – im Gegensatz zur von Verbrechen entstellten und im Grunde nur kurzlebigen Faktizität – erkannt und planvoll gestaltet werden kann. Nur diejenigen, die noch in der Lage sind, sich nicht von den Nebelschwaden beirren zu lassen, die aus dem Nichts fruchtloser Gewalt hervortreten und sich wieder dorthin verflüchtigen, können mit so gewichtigen Dingen wie den ständigen Interessen und der Frage des politischen Überlebens einer Nation betraut werden.
Hannah Arendt: Frieden oder Waffenstillstand im Nahen Osten? In Hannah Arendt: Israel, Palästina und der Antisemitismus, Wagenbach. Berlin 1991, S. 39–75, hier S. 68