Ein Hauch der Sache selbst

M y s t i k

Wenn es denn etwas gibt, was sich mit Mystik nicht verträgt, ist es die Geschichte der Mystik – und doch, wer will ausschließen, daß im Reden über etwas, das bloßes Darüber-Reden eigentlich verbietet, ein Hauch der Sache selbst vergegenwärtigt?

Peter Sloterdijk (* 1947) in: Wer noch kein Grau gedacht hat. Eine Farbenlehre. Berlin 2022, S. 231

Ich habe meinen eigenen Weg zu gehen

Suzukis wichtiger Beitrag zum Verhältnis von Buddhismus und Christentum

Immer wieder, wenn ich Ihre Seiten lese, sagt etwas in mir: „Das ist es!“ Fragen Sie mich nicht was. Ich habe nicht das Bedürfnis, es irgendjemandem zu erklären, zu rechtfertigen oder für mich selbst zu analysieren. Ich habe meinen eigenen Weg zu gehen, und aus irgendeinem Grund ist Zen mitten drin, wo immer ich auch hingehe.

Thomas Merton März 1959 in einem Brief an D.T. Suzuki

Ich folge der Politik der Göttlichkeit

Foto: (c) wak

Ich verfolge die Politik nicht,
weil die Mafia und die Kriminellen
die Politik gekapert haben.
Ich will daran einfach keine Energie verschwenden,
um etwas zu verstehen.
Meine Politik ist die Politik
von Minnesängern, Troubadouren und Sufis.
Ich folge der Politik der Göttlichkeit.
Meister Eckhart und Jakob Böhme
sind die großartigsten Politiker, die ich kenne.

Jonas Mekas (1922 – 2019) in einem Interview 2018 https://www.monopol-magazin.de/film-wird-niemals-verschwinden

Gefunden habe ich dieses Zitat aus dem BUCH DER FREUNDE LVII hier: https://www.nootheater.de/menu.html

Meinungsverschiedenheiten lösen

Dschuang Dsi / wikimedia ~ gemeinfrei

Angenommen, ich disputierte mit dir; du besiegst mich, und ich besiege dich nicht. Hast du nun wirklich recht? Hab‘ ich nun wirklich unrecht? Oder aber ich besiege dich, und du besiegst mich nicht. Habe ich nun wirklich recht und du wirklich unrecht? Hat einer von uns recht und einer unrecht, oder haben wir beide recht oder beide unrecht? Ich und du, wir können das nicht wissen. Wenn die Menschen aber in einer solchen Unklarheit sind, wen sollen sie rufen, um zu entscheiden? Sollen wir einen holen, der mit dir übereinstimmt, um zu entscheiden? Da er doch mit dir übereinstimmt, wie kann er entscheiden? Oder sollen wir einen holen, der mit mir übereinstimmt? Da er doch mit mir übereinstimmt, wie kann er entscheiden? Sollen wir einen holen, der von uns Beiden abweicht, um zu entscheiden? Da er doch von uns beiden abweicht, wie kann er entscheiden? Oder sollen wir einen holen, der mit uns beiden übereinstimmt, um zu entscheiden? Da er doch mit uns beiden übereinstimmt, wie kann er entscheiden?

So können also ich und du und die andern einander nicht verstehen, und da sollten wir uns von etwas, das außer uns ist, abhängig machen? Vergiß die Zeit! Vergiß die Meinungen! Erhebe dich ins Grenzenlose! Und wohne im Grenzenlosen!

Dschuang Dsï (um 365 – 290 v.u.Z.): Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 50-51

Herzschlag im Einklang

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… unsere Zusammenarbeit beim Drehen geschah oft viele Stunden lang schweigend. In diesem Schweigen liegt ein Wissen um etwas Gemeinsames, das uns verbindet, um eine Haltung, eine stillschweigende Übereinkunft, einen synchronen Herzschlag, auf den wir uns einlassen in einem geheimen Bündnis, das geheimnisvoller ist, als wir es denken können. So entfaltet sich auch das Schweigen in den Filmen vorangetrieben von einem Herzschlag, der im Einklang verbunden ist mit dem Schweigen einer Welt, die weiss, dass nichts geschieht als das Vergehen der Zeit und das Ringen der Menschen, diesem Vergehen etwas entgegen zu setzen, um in dieser verrinnenden Zeit nicht unterzugehen.

Fred Kelemen (*1964) in seinem Beitrag „Im dunklen Spiegel – Von Irrlichtern und Bildern“. Er erschien in dem Buch „Texte zum Geistigen im Film“ der „Organisation zur Umwandlung des Kinos / Sector 16, 2017, S. 61ff.

http://www.organisationzurumwandlungdeskinos.de/index.php?page=texte-zum-geistigen-im-film

http://www.fredkelemen.com/

Wahrhaft lautes Denken

Foto: (c) wak

Wenn du etwas wissen willst und es durch Meditation nicht finden kannst, so rate ich dir, mein lieber, sinnreicher Freund, mit dem nächsten Bekannten, der dir aufstößt, darüber zu sprechen. Es braucht nicht eben ein scharfdenkender Kopf zu sein, auch meine ich es nicht so, als ob du ihn darum befragen solltest: nein! Vielmehr sollst du es ihm selber allererst erzählen.

..

Ein solches Reden ist wahrhaft lautes Denken. Die Reihen der Vorstellungen und ihrer Bezeichnungen gehen nebeneinander fort, und die Gemütsakte, für eins und das andere, kongruieren. Die Sprache ist alsdann keine Fessel, etwa wie ein Hemmschuh an dem Rade des Geistes, sondern wie ein zweites mit ihm parallel fortlaufendes, Rad an seiner Achse.

Heinrich von Kleist (1777 – 1811) in: Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden (1805)

Wir alle haben Angst vor der Wahrheit

Dietrich Bonhoeffer | Bild: Archiv

AngWahrheit unterscheidet sich von jeder phrasenhaften Wahrhaftigkeit dadurch, daß sie etwas ganz Bestimmtes will, daß etwas geschieht – nämlich, daß sie den Menschen löst, freimacht. Daß sie dem Menschen auf einmal die Augen darüber öffnet, daß er bisher in der Lüge und der Unfreiheit und Angst gelebt hat und ihm so die Freiheit zurückgibt. Und es ist nun der ganz eindeutige Satz der Bibel, daß der Mensch ganz in der Sklaverei und in der Lüge sei und daß allein die Wahrheit, die von Gott kommt, den Menschen frei mache (Johannes 8, 32).…

Aber es ist schwer, von der Freiheit so zu reden, wie die Bibel es tut. Die Wahrheit wird euch frei machen, das ist zu allen Zeiten unzeitgemäß. … Wir alle haben Angst vor der Wahrheit und diese Angst ist im Grunde unsere Angst vor Gott.

Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945) in: Ökumene, Universität, Pfarramt 1931-1932, DBW Band 11, Seite 456 ff

Gefunden habe ich dieses Zitat hier: https://www.dietrich-bonhoeffer.net/