Der Gereifte atmet die Stille

Foto: (c) wak

Der Gereifte atmet die Stille, atmet sie ein und atmet sie aus. Der Mensch, von dem Stille ausgeht, weil die Einheit ihm aufging, bekundet den in ihm lebendig gewordenen Urgrund als eine formende und erlösende Kraft. Er wirkt klärend, ordnend und heilend, „ohne zu tun“. Er wirkt formend und erlösend, ganz einfach aus seinem Wesen heraus. So steht am Ende dieser Entwicklung auch nicht die geformte Persönlichkeit, die als in sich geschlossenes Ganzes einen Kosmos gefestigter Werte und Ordnungen in sich selber verkörpert und nach außen hin manifestiert, sondern vielmehr die vollkommen durchlässige Person, durch die hindurch im unendlichen Wandel der Welt der Sinn des Lebens sich kundtut.

Karlfried Graf Dürckheim (1896 – 1988) in: Japan und die Kultur der Stille

Thomas Merton und Thich Nhat Hanh: Brüder und Dichter

Foto: Archiv

… Ich habe gesagt, dass Nhat Hanh mein Bruder ist, und das stimmt auch. Wir sind beide Mönche, und wir leben seit etwa der gleichen Anzahl von Jahren im klösterlichen Leben. Wir sind beide Dichter, beide Existentialisten. Ich habe mit Nhat Hanh weit mehr gemeinsam als mit vielen Amerikanern, und ich zögere nicht, das zu sagen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass solche Gemeinsamkeiten anerkannt werden. Es sind die Bande einer neuen Solidarität und einer neuen Brüderlichkeit, die sich auf allen fünf Kontinenten abzuzeichnen beginnen und die alle politischen, religiösen und kulturellen Grenzen überschreiten, um junge Männer und Frauen in jedem Land in etwas zu vereinen, das konkreter ist als ein Ideal und lebendiger als ein Programm. Diese Einheit der Jugend ist die einzige Hoffnung für die Welt. In ihrem Namen appelliere ich für Nhat Hanh. Tun Sie, was Sie können, für ihn. Wenn ich Ihnen etwas bedeute, dann lassen Sie es mich so sagen: Tun Sie für Nhat Hanh das, was Sie für mich tun würden, wenn ich in seiner Lage wäre. In vielerlei Hinsicht wünschte ich, ich wäre es.

Zuerst veröffentlicht im Magazin „Jubilee“ 1966, später in Mertons Buch „Faith and Violence“ 1968

Gefunden habe ich Thomas Mertons Anmerkungen hier:  https://plumvillage.org/thomas-mertons-words-on-thich-nhat-hanh/

Mehr zu den Verbindungen von Merton und Thich Nhat Hanh hier: http://fatherlouie.blogspot.com/2007/02/thich-nhat-hanh-connection.html

Geteilte Welten in Christus transzendieren

Foto: (c) wak

Wenn ich in mir das Denken und die Frömmigkeit der östlichen und westlichen Christenheit, der griechischen und lateinischen Väter, der Russen mit den spanischen Mystikern vereinige, kann ich in mir die Wiedervereinigung der getrennten Christen vorbereiten. Von dieser geheimen und unausgesprochenen Einheit in mir selbst kann schließlich eine sichtbare und manifeste Einheit aller Christen entstehen. Wenn wir zusammenbringen wollen was geteilt ist, können wir dies nicht tun, indem wir eine Spaltung über die andere stülpen oder die eine Spaltung in die anderen. Wenn wir das aber tun, ist die Vereinigung nicht christlich. Sie ist politisch, und zu weiteren Konflikten verdammt. Wir müssen alle geteilten Welten in uns enthalten und sie in Christus transzendieren.

Thomas Merton (1915 – 1968) in „Conjectures of a Guilty Bystander“

Irmgard Martius-Busch +

Irmgard Martius-Busch ist tot. Die Lyrikerin aus Erlangen starb am 15. Februar im Alter von 94 Jahren.

Irmgard Martius-Busch und Herbert Martius (Quelle: http://www.martius-werkschau.de/html/biographie.html)

1980 hatte ich sie und ihren Mann Herbert Martius auf einer Rundreise durch den „Goldenen Ring“ in der ehemaligen Sowjetunion kennengelernt. Kurz vor dem Abflug kamen sie und ich vor der Heimreise ins Gespräch. Über asiatische Philosophie ging es zum Beispiel. Und in dem Verlag, in dem ich damals arbeitete, war gerade ein Buch über Ignatianische Exerzitien im Dialog mit dem Hinduismus erschienen. Und dann stellte sie mir ihren Mann vor. Bald schon besuchten beide uns am Niederrhein, wir besuchten sie in Erlangen. Entstanden ist eine Freundschaft über viele Jahre mit Besuchen, Erkundungen, Begegnungen, Ausstellungen etc., die auch unsere drei Kinder mit einbezog.

Als ich für eine Ausstellung von Herbert Martius in Coburg 1994 einen Text schrieb, kam Irmgard-Martius-Busch selbst-verständlich vor:

Noch im vergangenen Jahr schickte sie uns einen Band, in dem sie Lyrik und Collagen von sich publiziert hatte. Der Titel: Im Weltentrückt ersehnte, einsame Gestade, erahnen nun.

Auf der Todesanzeige ist in ihrer Diktion zu lesen:

Gehabt! Getan.

Nun unterwegs mit dem Wagen der Sterne
auf milchweißer Bahn am Gewölbe der Nacht.
Funkensprühn; dem, der vorangeht, folgen.

Irmgard Martius-Busch folgte „Martius“, wie sie ihren Mann nannte, zehn Jahre nach seinem Tod im Jahr 2009.

 

Mehr zu Person und Lyrik von Irmgard Martius-Busch findet sich hier:

http://www.martius-werkschau.de/html/lyrik.html

http://www.martius-werkschau.de/html/biographie.html

Mehr auch hier: https://www.bod.de/buchshop/venedig-ein-fest-irmgard-martius-busch-9783980999519