Mystik des aufblühenden Lotus

Lotus / Foto: (c) wak

Die Lehre des Dschuang Dsi ist groß, sie ist umfassend und mehr als das, sie ist beglückend. Sie erfaßt die Welt und vernichtet sie nicht. Sie erkennt das Böse und leugnet es nicht. Sie weiß, daß der Mensch böse ist von Urbeginn, und glaubt doch an ihn, denn was wäre der Sinn des Lebens eines Weisen, wenn nicht die Erziehung? Sie begnügt sich nicht mit der sichtbaren Welt, die zu ermessen und zu messen ist, sondern er nimmt mystischen Aufschwung in das unbegrenzte und nie zu ermessende Reich. Aber das ist keine Mystik des müden Unterganges, sondern die des aufblühenden Lotus, der aufgehenden Sonne, des aufrauschenden, unbeschreiblich mächtigen, unbeschreiblich freudigen Vogels Rockh.

Das höchste und tiefste, das dieser Mensch der Vorzeit uns zu geben hat, ist eben diese Vereinigung des Tiefsten mit dem Höchsten. Es ist eine Religion der Versöhnung, nicht auf dem Boden eines Dogmas, also auch nicht auf dem Boden des ewig unerfüllbaren: Liebet einander, sondern durch den Weg, den er jedem zu (seinem) innersten Erlebnis, zum Sinn des Lebens führen will. Dann gehen alle Farben ein in den unwandelbaren Regenbogen der Vereinigung. Er ist der einzige Weltgelehrte, der die Weltanschauung nicht durchsetzen, sondern alle Weltanschauungen zur Ruhe bringen will. Keine Zeit konnte so dürsten nach der Ruhe und der Vereinigung wie die unsere. Und unsere Zeit, kann man ihr auch nachsagen, wieviel man will und wieviel sie verdient, sie hat viel gelitten; und hier, in der Freude des lichten Ostens, könnte sie Heilung finden; wenn irgendwie und irgendwo, so im südlichen Blütenland.

Ernst Weiß  (1882 – 1940) in seinem Essay „Von Chinas Göttern“

Thich Nhat Hanh: Kein Weg, dem Tod zu entgehen

Fotographik: (c) wak

Es ist der natürliche Verlauf, daß ich alt werde.
Es gibt keinen Weg, dem Altern zu entgehen.

Es ist der natürliche Verlauf, daß ich Krankheiten bekomme werde.
Es gibt keinen Weg, dem Krankwerden zu entgehen.

Es ist der natürliche Verlauf, daß ich sterben werde.
Es gibt keinen Weg, dem Tod zu entgehen.

Es ist der natürliche Verlauf, daß alles woran ich hänge,
und alle, die mir lieb sind, sich verändern.
Es gibt keinen Weg, dem Getrenntwerden von ihnen zu entgehen.

Meine Taten sind mein einzig wirkliches Erbe.
Den Folgen meiner Taten kann ich nicht entgehen.
Meine Taten sind der Boden, auf dem ich stehe.

Thich Nhat Hanh (1926 – 2022) in: Der Klang des Bodhibaums

Hier spricht Meister Eckhart vom Grund

Foto: (c) Friederike Hempel

Die Predigergemeinde in Erfurt hat gemeinsam mit Marc Oschmann ein Bodendenkmal zu den Erfurter Reden von Meister Eckhart geschaffen. Vor jener Predigerkirche, in dessen Kloster Meister Eckhart einige Jahre gelebt, gearbeitet, gepredigt hat. Am Westportal begegnen Passantinnen und Passanten in den Sandstein sieben eingelassenen Zitate von Meister Eckhart. So spricht der Lesemeister vom Grund…

Die Zitate und Fotos von Friederike Hempel sind hier zu finden: https://mystikaktuell.wordpress.com/2021/05/26/wo-meister-eckhart-vom-grund-spricht/

Fünf Gewissheiten

Foto: © wak

1. Es ist der natürliche Verlauf, dass ich alt werde.
Es gibt keinen Weg, dem Altern zu entgehen.

2. Es ist der natürliche Verlauf, dass ich Krankheiten bekomme werde.
Es gibt keinen Weg, dem Krankwerden zu entgehen.

3. Es ist der natürliche Verlauf, dass ich sterben werde.
Es gibt keinen Weg, dem Tod zu entgehen.

4. Es ist der natürliche Verlauf, dass alles woran ich hänge,
und alle, die mir lieb sind, sich verändern.
Es gibt keinen Weg, dem Getrenntwerden von ihnen zu entgehen.

5. Meine Taten sind mein einzig wirkliches Erbe.
Den Folgen meiner Taten kann ich nicht entgehen.
Meine Taten sind der Boden, auf dem ich stehe.

Thich Nhat Hanh (*1926) in: Der Klang des Bodhibaums

Friedhelm Hengsbach SJ 75 Jahre

75 Jahre alt wird heute der Jesuit Friedhelm Hengsbach. Der in Dortmund geborene hervor-ragende Repräsentant der Katholischen Soziallehre stand  von 1992 bis 2006 dem nach dem Nestor der katholischen Soziallehre benannten Oswald-von-Nell-Breuning-Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik vor. Heute lebt Hengsbach in einer Jesuiten-Kommunität in Ludwigshafen.

Doch lassen wir ihn selbst zu Wort kommen:

„Die Finanzmärkte, deren spekulative Attacken sich auf Devisen-, Nahrungsmittel- und Anleihemärkten austoben. Der Kern der aktuellen Krise ist der ‚Krieg‘ zwischen privater Kapitalmacht und demokratisch legitimierten Staaten. Oder der grundlegende Konflikt zwischen Privatinteressen und dem öffentlichen Interesse. Dieser Konflikt wird auch auf den Arbeitsmärkten ausgetragen. Die Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland sind entregelt worden.

Trotz des Jobwunders werden Niedriglöhne gezahlt, die Altersarmut erzeugen. Der monetäre Konflikt verschärft die Konkurrenz um die knappen Böden, die zur Energiegewinnung statt für Nahrungsmittel genutzt werden. Und die Digitalisierung der Finanzmärkte löst einen zusätzlichen Beschleunigungsschub aus. Quartalsgewinne garantieren keine Nachhaltigkeit.“

P. Friedhelm Hengsbach S.J. im Gespräch mit dem Domradio, Köln. Das komplette Interview hier:

http://www.domradio.de/aktuell/82918/beunruhigt-ueber-kirche-und-finanzmaerkte.html