Tiefste Geheimnisse des Lebens

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Die befreiende Wirkung des echten Kunstwerkes ruht darin, dass es in uns die Erinnerung weckt, die in den dunkelsten Tiefen unserer Seele schläft; es ist die Erinnerung daran, dass wir selber an den tiefsten Geheimnissen des Lebens teilhaben, dass diese ein unverlierbarer Wert sind, der sich, wie jeder echte Wert, weder erklären noch messen lässt. Und da er nicht messbar ist, würden wir seiner kaum mehr gewahr, riefe nicht das Kunstwerk uns diesen Wert nicht in Erinnerung.

Jean Gebser (1905 – 1973)

Gelassenheit können nur jene erreichen…

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Gelassenheit können nur jene erreichen, die ein unerschütterliches und klares Urteilsvermögen haben – der Rest hadert ständig mit seinen Entscheidungen, schwankt hin und her zwischen Ablehnung und Akzeptanz. Woher kommt dieses Für und Wider? Es rührt daher, dass nichts klar ist und sie sich auf den unsichersten Ratgeber verlassen: die öffentliche Meinung.

Seneca (ca. 1 – 65 ) in: Epistulae morales ad Lucilium

Tor zum letzten Geheimnis

Cover des Buches / Insel-Bücherei Nr. 253 / Detail

Die Bahn der Bahnen ist nicht die Alltagsbahn;
Der Name der Namen ist nicht der Alltagsname.
Unnambarkeit ist Wesen des Allüberall;
Nambarkeit ist Werden des Einzelnen.
Jedoch: klar siehet, wer von ferne sieht,
und nebelhaft, wer Anteil nimmt.
Diese Grundwesenheit, zwiefältig, ist Eins
in der Erscheinung nur, zwiefacher Gegensatz.
Sie ist das Unergründliche,
das unergründliche Gründliche,
das Tor zum letzten Geheimnis.

Die Bahn und der rechte Weg des Lao-Tse
Der chinesischen Urschrift nachgedacht von Alexander Ular (1876 – 1919)

In der mystisch feuchten Nachtluft zu den Sternen aufgeblickt

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Als ich den gelehrten Astronomen hörte;
Als die Beweise, die Zahlen, in Spalten vor mir aufgereiht waren;
Als man mir die Karten und Diagramme zeigte,
um sie zu addieren, zu teilen und zu messen;
Als ich, sitzend, den Astronomen hörte,
wo er mit viel Beifall in dem Vortragssaal,
Wie bald, unerklärlich, wurde ich müde und krank;
Bis ich mich erhob und hinausglitt, um allein fortzugehen,
In der mystischen feuchten Nachtluft, und von Zeit zu Zeit,
In vollkommener Stille zu den Sternen hinaufblickte.

Walt Whitman (1819 – 1892)

Die Augen des Friedens sehen

Skulptur von Wilhelm Lehmbruck / Foto: (c) wak

Gott sende uns Geist, um weit zu verbannen
Den Rauch und den stinkenden Atem,
Die Lanzen und den Ruhm des Krieges,
Und alle Teufeleien des Todes.

Möge es Weisheit und Wachstum geben,
Die Ernte der Versöhnung bringt,
so werden wir die Augen des Friedens sehen,
Und den Hauch ihrer Schwingen spüren

John Galsworthy (1867 – 1933)

Liebe zum Leben

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Glücklich wird der Mensch
durch die Bestätigung seiner eigenen Kräfte,
wenn er sich selbst aktiv in der Welt erlebt.

Es lässt sich zeigen,
dass das Glück für den Menschen
in der Liebe zum Leben liegt.

Erich Fromm (1900 – 1980)

Eine Reise um sich zu finden

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Das Lesen ist immer
in Umzug, eine Reise, ein Fortgehen,
um sich zu finden.
Das Lesen ist zwar üblicherweise
eine sesshafte Handlung,
aber es führt uns zurück
zu unserem Wesen als Nomaden.

Antonio Basanta (* 1953) in „Leer contra la nada“

Zitiert wird es in dem wunderbaren Buch von Irene Vallejo: Papyrus. Die Geschichte der Welt in Büchern. Diogenes-Verlag, Zürich 2022